Kölner Stadt-Anzeiger/ Leverkusener Anzeiger vom 15.03.2007 » Zurück


Leverkusen

Wittke wirbt für Selbsthilfe

Von Thomas Käding


 Kommentar
Prima Idee, mehr nicht

Alles was aus Amerika kommt, erreicht uns eines Tages. Das gilt auch für "Business Improvement Districts", die man besser Anliegergemeinschaften nennen sollte, auch wenn dieser Begriff den Anspruch des Modells nicht vollständig wiedergibt. Allerdings ist sehr fraglich, ob der Verbesserungsanspruch wirklich einzulösen ist. Die Modellprojekte, die seit ein paar Jahren laufen, können bestenfalls Hoffnungen auslösen. Gewissheit, dass Einzelhändler aus der Abwärtsspirale ausbrechen können, wenn sie sich nur alle bei den Händen fassen und sich mit den Besitzern ihrer Läden darauf einigen, dass etwas passieren muss, schaffen sie nicht.

Angesichts dessen, was da im Agamssaal präsentiert wurde, verwundert die spontane Enttäuschung etwa eines Siegfried Kuhl nicht. Der AGO-Chef musste schließlich feststellen, dass Opladen längst ein einziger "Business Improvement District" ist: Ladenbetreiber und Hausbesitzer sitzen seit langem zusammen und ziehen oft sogar an einem Strang, selbst ein Stadtteilbüro ist vorhanden. Warum es an der und um die Kölner Straße trotzdem nicht so richtig läuft? Eine Antwort gibt auch das amerikanische Modell erst einmal nicht. Kann man die Sache deshalb abhaken? Das wäre voreilig. Schließlich ist eine Anliegergemeinschaft keine von oben verordnete Sache. Sie soll eher eine Art Selbsthilfegruppe sein. In der haben die Anlieger alle Freiheiten. Auch die, erst einmal ein ganz kleines Budget einzusammeln und die Gemeinsamkeit ganz sachte auszuprobieren. Wenn die Kundschaft dann wiederkommt, kann man immer noch ein größeres Rad drehen.

Thomas Käding
Die Vorstellung war lang, die Diskussion kurz. Nachdem Landesbauminister Oliver Wittke und der Stadt-entwickler Rainer Kalscheuer am Dienstagabend im Agam-Saal amerikanische „Business Improvement Districts“ (BID) und ihre deutschen Nachahmerprojekte vorgestellt hatten, war unter den Zuhörern spürbar etwas Hoffnung verflogen. Kaum Nachfragen, eher resignierte Aussagen gab es aus dem Publikum. Vor allem Siegfried Kuhl, Chef der Arbeitsgemeinschaft Opladen (AGO) hatte sich mehr versprochen.



Leerstände und ähnliche Probleme können Anlie-gergemeinschaften möglicherweise in Eigen-regie lösen.
Denn BID werden gern als wirksames Mittel gegen die Verödung der Innenstädte dargestellt: Anlieger von Straßen oder Quartieren mit Problemen wie Leerstand oder geringer Frequenz schließen sich in einer Arbeitsgemeinschaft zusammen und unternehmen gemeinsam etwas gegen die Misere. Dazu zahlen alle in einen Topf ein, aus dem bestritten wird, was das Quartier attraktiver macht. Hier sind es Fahrradständer, dort eine Reinigungskolonne, anderswo Straßenumbauten: Stadtentwickler Kalscheuer nannte einen BID in der Hamburger City mit einem Jahresbudget von 1,2 Millionen Euro, im Stadtteil Bergedorf stehen der Anliegergemeinschaft 50 000 Euro zur Verfügung. In der Hansestadt stehen die Anliegergemeinschaften auf einer gesetzlichen Grundlage, während Nordrhein-Westfalens 22 Zusammenschlüsse noch als Modellversuch laufen. Das soll sich bald ändern: Wittke kündigte an, die Landesregierung werde „noch vor der Sommerpause“ einen BID-Gesetzentwurf in den Landtag bringen.

Bei der Analyse der Anliegergemeinschaften fiel Stadtentwickler Kalscheuer auf, dass viele Zusammenschlüsse Reaktionen auf den Bau neuer Einkaufszentren waren. Gerade dies mache das Modell für Leverkusen interessant, sagte Baudezernent Wolfgang Mues. Er sähe nicht nur die eine oder andere City-Randlage von Wiesdorf, sondern auch Opladen und Schlebusch gern in der ersten Reihe, wenn die BID auch in Nordrhein-Westfalen eine Gesetzesgrundlage haben.

Die Beschreibung dessen, was Anliegergemeinschaften andernorts auf die Beine gestellt haben, beeindruckte die im Agamsaal versammelten Geschäftsleute jedoch kaum. Eine einheitliche Gestaltung von leer stehenden Ladenlokalen sieht die Leverkusener Geschäftswelt als nicht eben konstruktiv an. Auch vieles andere, was Kalscheuer ansprach, erinnerte eher an Kosmetik als den großen Wurf, der eine bedrohte Randlage vor dem Ruin rettet. Die Wirtschaftsförderung Leverkusen will aber nicht aufgeben. Nächsten Monat wird sie weiter über das Thema BID informieren.

Quelle: Leverkusener Anzeiger


Vergl.:
Leverkusen - innerstädtische Entwicklungen über "Business Improvement Districts" (BIDs)!
Das Land NRW muss dafür die gesetzlichen Grundlagen schaffen.

Ratsantrag der CDU - in der Sitzung des Rates der Stadt Leverkusen am 25.09.2006 einstimmig beschlossen.