Kölner Stadt-Anzeiger/ Leverkusener Anzeiger vom 28.04.2006 » Zurück


Beziehungen eine Stufe enger
Wirtschaftsabkommen in der chinesischen Stadt Wuxi unterzeichnet

Von Thomas Käding



Feierliche Unterzeichnung des Wirtschaftsabkom-mens zwischen Wuxi und Leverkusen mit Oberbür-germeister Ernst Küchler (l.) und seinem Amts-kollegen Mao Xiaopeng.
Bilder: Thomas Käding
Die Bande zwischen Leverkusen und Wuxi sind enger geknüpft. Lanxess-Chef Axel Heitmann wurde sogar Ehrenbürger.
Als die Wasserfontänen höher wurden und der Buddha zu chinesischen Klängen aus der riesigen Lotosblüte emporstieg, schaute der OB ganz versunken hinauf. Die Szenerie am Lin Shan Buddha im Park von Wuxi beeindruckte nicht nur hunderte von Besuchern der riesenhaften Statuen, sondern auch Leverkusens Ersten Bürger. Seit gestern verbindet ihn ein Vertrag mit der chinesischen Stadt. Wuxi, im Nord-westen der boomenden früheren Sonderwirt-schaftszone um Shanghai, ist nun mittels eines Wirtschaftsabkommens an Leverkusen gebun-den. Küchler und sein chinesischer Amtskollege Mao Xiaopeng unterzeichneten das Dokument gestern Mittag im Rathaus der Millionenstadt.

Die chinesische Lesart des Vertrags ist, dass „die Beziehungen nun eine Stufe enger werden“, sagte Mao Xiaopeng. Nach dieser überaus sachlichen Wertung ließ der Bürgermeister aber erkennen, dass er nach mehr strebt: „Wir sollten uns auch auf kulturellem und sportlichem Gebiet austauschen.“ Vor allem Letzteres dürfte dem Gastgeber leicht fallen. Mao Xiaopeng outete sich als Fußballfan, mit einer Schwäche für Bayer 04 Leverkusen. Die Lust auf einen Besuch der BayArena bei seiner nächsten Visite wusste Küchler durch eines seiner Gastgeschenke noch zu steigern: Der OB hatte einen Fußball mit Autogrammen der Bundesligamannschaft mitgebracht. Auch Küchler schlug in seiner Rede beide Tonarten an. „Es braucht Zeit, sich kennen zu lernen.“ Aber er hob auch hervor, dass „die Unterschiede uns nicht nur trennen, sondern auch das Verständnis füreinander erhöhen können“.

Seit gestern gibt es zudem eine weitere enge Verbindung zwischen Wuxi und Leverkusen: Axel Heitmann, der Vorstandschef von Lanxess, wurde die Ehrenbürgerschaft zuerkannt. Die Gelegenheit war freilich günstig. Stunden zuvor war die Produktion im neuen Kunststoffwerk im offiziellen Rahmen eröffnet worden. Ab jetzt stellt eine zunächst 59 Personen starke Belegschaft jährlich 20 000 Tonnen der Kunststoffe Durethan und Pocan her. Sollte der Wunsch von Hubert Fink vom Vorstand abgesegnet werden, dürfte 2006 allerdings das erste und einzige Jahr bleiben, in dem Wuxi nur 20 000 Tonnen produziert. „Ich habe bereits die Erweiterung der Anlage auf 40 000 Jahrestonnen beantragt“, sagte der Chef der Konzerneinheit Technische Kunststoffe dem „Leverkusener Anzeiger“.



Fototermin am Lin Shan Buddha im Park von Wuxi: Die riesenhaften Statuen beeindruckten die Besucher.
Obwohl Durethan vor 50 und Procan vor 30 Jahren entwickelt wurde, sieht Fink erhebliche Wachstums-chancen: In der Autoindustrie würden immer mehr reine Blechteile durch solche aus Kunststoff-Blech-Verbundwerkstoffen ersetzt. Da auch die koreanischen Hersteller Hyundai und Kia auf der Kundenliste von Lanxess stehen, verkürzt die neue Fabrik in Wuxi zunächst einmal die Lieferwege. Den Löwenanteil der Produktion will Fink aber in China selbst verkaufen: bei den großen Autoherstellern im Land und den Produzenten von Elektrogeräten und Elektronikteilen wie Bosch und Siemens. Fink ist von den Materialien und ihren Entwicklungsmöglichkeiten so überzeugt, dass er eine Absatzsteigerung um 50 Prozent binnen fünf Jahren für möglich hält. Dazu müssten in Wuxi 100 000 Tonnen Durethan und Procan hergestellt werden - und dann würde Lanxess in China Vorprodukte zukaufen. Derzeit kommen die noch aus Uerdingen und Antwerpen, woran sich auch langfristig nichts ändern soll. Vorstandschef Axel Heitmann deutete gestern Nachmittag sogar eine Erweiterung der europäischen Produktion an: „So stützt das neue Werk in Wuxi unsere europäischen Standorte.“ Den Standort Leverkusen brachten gestern bei einer Rundreise durch Wuxi auch die Delegation des Oberbürgermeisters immer wieder ins Gespräch. Auf der letzten Station rannten Ernst Küchler, Dieter Roeloffs von der Wirtschaftsförderung, Ratsherr Bernhard Marewski und Sparkassen-Vorstand Manfred Herpolsheimer allerdings offene Türen ein: Der Elektronik-Hersteller Dawy Technology hat ein Ansichtsexemplar seiner Ampel nach Leverkusen geliefert. In und um Wuxi zeigen Ampeln die Dauer der laufenden Rot- oder Grünphasen zusätzlich in Sekunden an. Das könnte ein Modell für Deutschland sein, hofft man bei Dawy. Eine Umsetzung des gerade unterschriebenen Vertrags über die Wirtschaftspartnerschaft wäre so ein Deal allemal.

Quelle: www.ksta.de