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23.02.2005


"Neue Philosophie" ist ein alter Hut!

Oder: Das Bio-Tech-Märchen vom IPL

Von Bernhard Marewski

Das hat die Leverkusener wachgerüttelt. Eine "neue Philosophie" muss her in der Wirtschaftsförderung der Stadt, endlich müssen "kleine Brötchen gebacken" werden.

Kurswechsel, Wandel, Wende. Jawohl, wir sind dafür.

Und überhaupt, der Innovationspark IPL: Alles verfehlt bisher. Nur auf "phantastische" Bio-Tech-Anlagen sei er ausgerichtet gewesen, jetzt müsse er endlich auch für Firmen mit einem Nicht-Bio-Tech-Hintergrund geöffnet werden, für Betriebe, die nicht der High-Tech-Sparte zuzuordnen sind. Das sture Festhalten an bestimmten Dingen verböten sich! An welchen "bestimmten" Dingen eigentlich?

Mit großer Einmütigkeit reden viele in Leverkusen einander das Wort.

Nur - was sind die Fakten?

Ein Blick zurück in das Jahr 1998. Spatenstich Erschließung IPL-Gelände.

"Jeder politisch Verantwortliche in dieser Stadt weiß, dass gerade angesichts des Strukturwandels in Leverkusen die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen höchste Priorität besitzt und die Zukunftsaufgabe Nummer eins darstellt.

Das ist bei der Beratung des Nutzungskonzeptes und der Strukturplanung im Jahr 1995 im Rat der Stadt überzeugend deutlich geworden. Alle vier Fraktionen des Rates ((SPD, Grüne, CDU, FDP)) stellten sich in seltener Einstimmigkeit hinter die Planung. […]

Ich möchte in diesem Zusammenhang deshalb nochmals deutlich herausstellen, dass hier modernes, zukunftorientiertes Gewerbe in kleineren und mittleren Betrieben angesiedelt werden soll - der Name Innovationspark spricht hier für sich. […]

Leverkusen gehört zur Bio-Regio Rheinland und ist damit einer der Gewinner des Bio-Regio-Wettbewerbes. In den kommenden fünf Jahren kann die Umsetzung von Projekten in diesem Bereich mit erheblicher Förderung der Bundesregierung unterstützt werden. Auch das ist für mich ein deutliches Signal für den Standort Leverkusen - ist doch die Biotechnologie eine der Schlüsseltechnologien und wird als Teilbereich der chemischen Industrie auch für diese zu wichtigen Innovationen führen.

Leverkusen hat aktuell die einmalige Chance, inmitten der Modellregion Bio- und Gentechnik Rheinland einen Standortvorteil zu nutzen und den Wandel in einem traditionell starken Bereich positiv zu unterstützen. Im Dezember vergangenen Jahres ist im Rat der Stadt ein Grundsatzbeschluss gefasst worden, der ein deutliches politisches Signal zur Bewältigung des Strukturwandels und zugunsten dieser Zukunftstechnologie setzt."


Aus der Rede des Oberbürgermeister Dr. Walter Mende (SPD).

Ja, der Rat der Stadt Leverkusen hatte am 15.12.1997 einen Grundsatzbeschluss zur Förderung der Ansiedlung von Life-Science-Unternehmen gefasst und sich zur Biotechnologie in Leverkusen bekannt. Dazu sollten dann im "Bioplex" Büro- und Laborflächen zur Verfügung gestellt werden.

Bio-Tech pur im Innovationspark?

Nein, davon war damals und danach nicht die Rede gewesen.

Die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) NRW, die von der Stadt Leverkusen mit der Projektsteuerung und Erschließungsplanung des Innovationsparkes beauftragt worden war, sprach beim Spatenstich auch nur von der "vollständigen Erschließung von Flächen vor allem für klein- und mittelständische Unternehmen". Und OB Dr. Mende sprach - eher allgemein - von der "Ansiedlung innovativer Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe", eben von "zukunfts-
orientiertem Gewerbe", um so "die Wirtschaftskraft der Stadt Leverkusen zu stärken".
Wer könnte dem widersprechen.

Was war und ist im IPL möglich und was nicht?

Die LEG stellte im Jahre 2000 im Vermarktungskonzept zum IPL fest, dass Logistik und großflächiger Einzelhandel nicht zugelassen seien.

Zu "nicht explizit technologieorientierte Unternehmen" wurde angemerkt, dass diese nur bedingt vom propagierten Image des IPL abgehalten würden, tatsächlich gingen Anfragen von Unternehmen aller Branchen ein. Außerdem: Das Nachfragepotential innovativer, technologieorientierter Unternehmen und Dienstleistern sei noch relativ gering, entsprechende Marketingaktivitäten zeigten jedoch bereits positive Wirkungen hinsichtlich Flächennachfragen.

Kritisch wurde allerdings vermerkt, dass - wenn sich der aufgezeigte Nachfrage-Trend mittelfristig nicht durch entsprechende Vermarktungserfolge bestätigen sollte - neben der Ausrichtung auf technologieorientierte Betriebe und Dienstleistungsunternehmen eine Erweiterung der Zielgruppen in Richtung klassisches produzierendes Gewerbe und Handwerk erfolgen sollte. Hierfür böten sich insbesondere die Baufelder im Nordwesten entlang der Bahntrasse an.

Weiter wurde angeregt, dass in den beiden Baufeldern an der Gustav-Heinemann-Straße Einzelhandelsbetriebe zugelassen werden sollten, denkbar seien dort handels- und vertriebsorientierte Unternehmen z.B. in einer Mischimmobilie (Geschäftshaus). Möglichst umgehend sollte auf dem Gelände des Innovationsparkes die Ansiedlung einer Gastronomie-Einrichtung umgesetzt werden, die die Versorgung der Beschäftigten der bereits vor Ort ansässigen und noch anzusiedelnden Unternehmen gewährleistet.

Und auch das wurde im Jahre 2000 vermerkt:
Die durch eine Erweiterung der Zielgruppen möglicherweise entstehenden Umfeldkonflikte sollten duch die Entwicklung von Nutzungszonen, in denen möglichst homogene Nutzergruppen angesiedelt werden, abgefedert werden.

So das Resumee vor 5 (!) Jahren: Bei Erweiterung der Zielgruppen (in Richtung klassisches produzierendes Gewerbe und Handwerk) könnte der Vermarktungszeitraum für den Innovationspark nahezu halbiert werden.

Liest man Veröffentlichungen zum IPL, so steht der "Innovationspark" zwar für die Ansiedlung zukunftsfähiger, wachstumsstarker Branchen, eine allzu einengende Darstellung findet man jedoch nicht, schon gar nicht nur auf Bio-Tech.

Zur Zielgruppe werden gezählt: High-Tech-Unternehmen sowie technologieorientierte Gewerbebetriebe und Dienstleister. Gleichzeitig wird auf das Gründer- und Innovationszentrum Leverkusen (GIZ) verwiesen mit folgendem Branchenmix: Informations- und Kommunikationstechnik, Biotechnologie, Maschinenbau und Prozessführung (u.a. Messtechnik, Automation, Engineering und Fertigung), unternehmensnahe Dienstleistungen (z.B. Marketing und Medienarbeit), Umwelttechnik und -beratung. (Siehe Vermarktungsmappe "Die Zukunft im Visier - Der Innovationspark Leverkusen).

Oder: "Im Innovationspark Leverkusen arbeitet und forscht man in guter Nachbarschaft. An diesem Standort treffen sich High-Tech-Betriebe sowie technologieorientierte Gewerbebetriebe und Dienstleister aus der Informations- und Kommunikationstechnik, dem Maschinenbau und der Prozessführung. Außerdem finden Sie hier unternehmensnahe Dienstleistungen aus den Bereichen Medien und Marketing sowie Betriebe der Umwelttechnik und -beratung." (bioplex/ bioriverparks)

Welche Geschäftsfelder bzw. Unternehmen finden sich heute - 2005 -
im Innovationspark IPL Leverkusen
(A - Z):

Anlagenbau, Automatisierungstechnik, Consulting, Biotechnologie, Datentechnik, EDV-Dienstleistung, Elektro, Gebäudetechnik, Industriemontage, Ingenieur-Dienstleistung, Kranbau, Medienzentrum, Metallbearbeitung, Pharma, Prozessleitsysteme, SAP-Beratung, Software, Steuerberatung, Verfahrenstechnik, Werbeagentur, Wirtschaftsprüfung …

Und "Bioplex", das ursprünglich speziell für die Life Science-Branche gedacht war?
Bioplex hat sich seit mindestens einem Jahr für verschiedene technologieorientierte Unternehmen geöffnet … und für Büros.

Und nun?

Wer danach noch eine einseitige Ausrichtung des Innovationsparkes IPL sieht, hat die Entwicklung der letzten Jahre verschlafen.
Die Wende in der Vermarktungspolitik des IPL hat sich längst vollzogen.

Nun ja, ein Bäcker fehlt vielleicht noch im IPL - statt Gastronomie-, für "kleine Brötchen".

Bernhard Marewski      



Siehe hierzu (!):
Der Innovationspark Leverkusen. aus: Level, Informationen der WFL Leverkusen, März 2005